KI ist kein Selbstzweck, sondern Werkzeug für bessere Entscheidungen.

KI ist kein Selbstzweck, sondern Werkzeug für bessere Entscheidungen.

Im Interview mit Frau Dr. Alexandra Merkel, CTO der Innomatik AG.

Auf das Interview mit Frau Dr. Alexandra Merkel haben wir uns lange gefreut. Heute ist es endlich so weit. Im Interview wollen wir in die faszinierende Welt der künstlichen Intelligenz (KI) eintauchen, wie sie von einer der führenden Expertinnen auf diesem Gebiet gestaltet wird. Dr. Alexandra Merkel, eine der führenden Persönlichkeiten mit einem beeindruckenden Werdegang, steht uns für ein exklusives Interview im DIGITAL FUTUREmag zur Verfügung. Dr. Merkel, eine PhD-Absolventin der Protein Crystallography von der renommierten University of St. Andrews in Schottland, begann ihre Karriere in der Welt der Beratung bei der speedikon FM AG. Dort stieg sie rasch zur Leiterin der Consulting-Abteilung auf, bevor sie den Weg zurück in die Wissenschaft einschlug. Mit ihrer Forschung an der Universität Heidelberg im Bereich Neurowissenschaften, insbesondere in der Alzheimer-Forschung, erweiterte sie ihren Horizont und stieß schließlich auf das Potenzial künstlicher Intelligenz.

Ihr Weg führte sie zu einem faszinierenden Bereich, der die Schnittstelle von Neurowissenschaften und künstlicher Intelligenz umfasst. Als Chief Technology Officer (CTO) der Innomatik AG leitet Dr. Merkel ein Team, das sich nicht nur der Entwicklung zuverlässiger KI-Lösungen verschrieben hat, sondern auch die Wissenssicherung in Unternehmen für sich entdeckt hat. In einem Umfeld, das von kontinuierlichem Wandel und Innovation geprägt ist, betont Dr. Merkel die Bedeutung einer verlässlichen KI, die innerhalb der Unternehmensinfrastruktur betrieben wird. Die Mission der Innomatik AG ist es, maßgeschneiderte KI-Lösungen zu entwickeln, die nicht nur die Prozesse vereinfachen, sondern auch die Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellen. Die KI wird hier nicht als Selbstzweck betrachtet, sondern als ein Werkzeug, das den menschlichen Entscheidungsprozess verbessern und ergänzen soll. Im aktuellen Interview sprechen wir über eine benutzerfreundliche KI, die Sicherheit und Datenschutz berücksichtigt und nicht nur interne Unternehmensdokumente verarbeitet oder verwaltet, sondern auch das implizite Wissen der Mitarbeiter extrahiert und für zukünftige Generationen sichert.

Das bevorstehende Interview bietet eine einzigartige Gelegenheit, die Zukunft der KI aus erster Hand zu erfahren und Einblicke von einer der führenden Köpfe auf diesem Gebiet zu erhalten.

DIGITAL FUTUREmag: Wie hat Ihre Ausbildung und Ihr beruflicher Werdegang Sie dazu geführt, sich auf das Gebiet der künstlichen Intelligenz zu spezialisieren?

Dr. Alexandra Merkel: Ich habe mich schon immer mit großen Datenmengen beschäftigt, sei es in der Kristallographie, im Bereich Gebäude- und Energiedatenmanagement (also in der Software-Branche) oder später in der Neuro-Forschung mit elektrischen Impulsen aus Hunderten von Zellen (Elektrophysiologie). Diese Daten müssen immer intelligent verarbeitet werden, wozu es große Rechenkapazitäten benötigt, die Erkenntnisse aus den Daten ziehen müssen. Und so war der Schritt von der Neuro-Forschung in die Software-Branche nicht besonders weit, vor allem weil in den Business-Use-Cases mehr Chancen bestehen, den Menschen wirklich zu helfen.

DIGITAL FUTUREmag: Sie haben eine beeindruckende Laufbahn von der Protein Crystallography zur Alzheimer-Forschung bis hin zur künstlichen Intelligenz hinter sich. Welche Schlüsselerkenntnisse haben Sie dabei gewonnen, die Ihren Ansatz zur Entwicklung von KI-Lösungen beeinflusst haben?

Dr. Alexandra Merkel: Mich hat immer der Umgang mit Daten interessiert: was machen wir damit, wie können wir daraus lernen und welchen Mehrwert können wir durch die Analyse generieren. Das heißt, wir müssen immer in Prozessen denken und genau diese unterstützen. Dementsprechend brauchen die Mitarbeiter passende Hilfestellungen, um einen Prozess „besser“ zu leben, Daten zu erfassen und auszuwerten.

DIGITAL FUTUREmag: Als CTO der Innomatik AG sind Sie maßgeblich an der Entwicklung zuverlässiger KI-Lösungen beteiligt. Könnten Sie uns einen Einblick geben, wie Ihre Vision von KI in der Unternehmenswelt aussieht und wie Sie sicherstellen, dass sie den Bedürfnissen der Mitarbeiter gerecht wird?

Dr. Alexandra Merkel: KI ist bereits allgegenwärtig in der Unternehmenswelt; spätestens mit der Veröffentlichung von ChatGPT ist dieses Thema in den Köpfen Vieler angekommen. Allerdings arbeiten wir schon viel länger an KI-Lösungen, zum Beispiel auch im Bereich Bildverarbeitung. Für uns ist es wichtig, dass die jeweilige Lösung den Mitarbeitern hilft, ihre Arbeit gut und effizienter zu erledigen. Dazu schauen wir uns ganz genau an, wie die Mitarbeiter heute arbeiten, an welchen Stellen es hakt und wo eine Unterstützung notwendig ist. Dabei ist KI immer nur ein Baustein in einem ganzen „Prozess-Puzzle“.

DIGITAL FUTUREmag: In Ihrem Unternehmen legen Sie Wert darauf, dass KI nicht als Selbstzweck betrachtet wird, sondern als Werkzeug, um bessere Entscheidungen zu treffen. Wie sehen Sie die Rolle von KI in einem Unternehmen, und welche konkreten Vorteile kann sie den Mitarbeitern bringen?

Dr. Alexandra Merkel: KI ist immer Teil eines Ganzen und niemals Selbstzweck; das zu verstehen, ist sehr wichtig. Allerdings kann man KI als eine Art Assistenzsystem sehen, das einem hilft, seine Arbeit besser zu erledigen. Das Auto fährt derzeit auch nicht ohne den Menschen im normalen Straßenverkehr – und bis wir dort ankommen, wird es noch eine Weile dauern. Freilich haben wir eine ganze Reihe von Assistenzsystemen, die uns das Fahren erleichtern und es sicherer machen, seien es ABS und Bremskraftverstärker oder neue Systeme, wie Einparkhilfen, Spurhalteassistenten oder sonstige Lösungen. Und genau so kann man heute den Einsatz von KI im Unternehmen betrachten. KI kann zum Beispiel vorhersagen, wie sich der Verschleiß an meinen Maschinen entwickeln wird und dies vor einem Ausfall melden. Andere KI-Methoden wie Bilderkennung ermöglichen die Überwachung von Werkstücken. Oder ein großes Sprachmodell kann sehr effizient in den ganzen unternehmensinternen Dokumenten und Unterlagen nach bestimmten Dingen suchen und diese dem jeweiligen Mitarbeiter zur Verfügung stellen. Was ich mit diesen Beispielen sagen möchte, ist, dass alle Mitarbeiter in allen Unternehmensteilen von KI profitieren können. Dafür muss man sich nur individuell anschauen, was die Aufgaben sind und wie man diese verbessern kann.

DIGITAL FUTUREmag: Ein wichtiger Aspekt Ihrer Arbeit ist die Sicherheit und der Datenschutz bei der Entwicklung von KI-Lösungen. Wie stellen Sie sicher, dass die von Ihnen entwickelten Systeme sowohl sicher als auch benutzerfreundlich sind?

Dr. Alexandra Merkel: Wir sehen Sicherheit und Datenschutz als ein extrem wichtiges Thema, da sich mit KI aus Unternehmensdaten sehr wertvolle Erkenntnisse und ggf. sogar Wettbewerbsvorteile ziehen lassen. Dank der engen Zusammenarbeit mit unserer Schwestergesellschaft speedikon FM AG, die schon seit mehr als 25 Jahren Softwareprojekte in großen und komplexen IT-Umgebungen sehr großer Organisationen realisiert, wissen wir worauf es beim Thema Sicherheit ankommt. Zum einen ist es möglich, dass alle KI-Lösungen, die wir nutzen, auch lokal on-prem oder in der private Cloud des jeweiligen Unternehmens gehostet werden können. Die Daten müssen das Unternehmen also nie verlassen. Zum anderen betten wir KI in Prozesse ein und stellen so Zugriffsberechtigungen auf Daten sicher, so dass der clevere Praktikant trotz guter KI-Kenntnisse keinen Zugriff auf geschützte Daten erhält. Darauf haben wir von Anfang an bei der Entwicklung geachtet, das ist also der Kern unserer Anwendungen.

Benutzerfreundlichkeit ist ein zweiter nicht zu vernachlässigender Aspekt. Hier können wir ebenfalls auf die Erfahrungen der Kollegen unserer Firmengruppe zurückgreifen, so dass wir auch hier Vorteile gegenüber Start-ups haben, die sich zum ersten Mal mit Barrierefreiheit und ähnlichen Themen auseinandersetzen müssen. Wie gesagt: KI ist immer Teil eines Gesamtprozesses, der zwar wichtig ist, aber beim Nutzer gar nicht unbedingt im Vordergrund stehen muss. Denn der Nutzer braucht eine Lösung für sein Problem – ob das mit KI gelöst wird, ist für ihn weniger entscheidend.

DIGITAL FUTUREmag: Können Sie uns einige Beispiele dafür geben, wie KI in der Lage ist, interne Unternehmensdokumente zu verarbeiten und gleichzeitig das implizite Wissen der Mitarbeiter zu extrahieren und zu sichern?

Dr. Alexandra Merkel: KI ist prädestiniert dafür, große Datenmengen zu durchsuchen und sinnvolle Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Dieser Ansatz funktioniert auch für Unternehmensdokumente sehr gut. Wir haben das bereits in verschiedenen Projekten umgesetzt und mit inno:docs ein Produkt entwickelt, das dafür da ist, um Unternehmensdokumente zu durchforsten und den Mitarbeitern auf Fragen entsprechende Antworten zu geben. Da wir bei dem Anlernen der KI darauf achten, wo die Information jeweils herkommt, und welchen Stand ein Dokument hat, kann der Nutzer sich darauf verlassen, dass die Antworten stets aktuell sind. Da das System nicht nur eine Antwort generiert, sondern auch Links zu den Originaldokumenten anzeigt, kann der Nutzer den Originaltext nachlesen. Auch mit den sogenannten Halluzinationen von Sprachmodellen haben wir so wenig Probleme. Diesen Ansatz haben wir bereits in verschiedenen Bereichen umgesetzt: beim Erstellen von Antworten auf eingegangene Ausschreibungen haben wir zum Beispiel einen Zeitgewinn von fast 90% erreicht. Am „impliziten“ Wissen arbeiten wir gerade – und das ist ein ganz spannendes Thema, denn ein Großteil des Unternehmenswissens ist nicht explizit in Dokumenten gespeichert, sondern besteht aus den Erfahrungen von Mitarbeitern. Dies in explizites Wissen umzuwandeln, wird uns die nächste Zeit beschäftigen und das Ergebnis wird mit Sicherheit ein weiteres Interview wert sein.

DIGITAL FUTUREmag: Abschließend, wie sehen Sie die Zukunft der KI in der Unternehmenswelt? Welche Entwicklungen und Trends erwarten Sie in den kommenden Jahren, und wie wird sich die Rolle von KI in der Arbeitswelt weiterentwickeln?

Dr. Alexandra Merkel: KI ist im Moment noch ein großer Hype. Dennoch sehen wir, dass sich so langsam richtige Projekte entwickeln. Auch ein entsprechender ROI lässt sich generieren, wenn man ein KI-Projekt geschickt angeht. Mit Sicherheit wird sich unsere Arbeitswelt ganz massiv dadurch verändern und es wird wichtig sein, die Mitarbeiter bei diesem Schritt mitzunehmen. Einerseits besteht sicherlich die Möglichkeit, dass KI Arbeitsplätze kosten wird – andererseits stehen wir vor dem großen Thema des Fachkräftemangels, das unbedingt gelöst werden muss, wenn Deutschland seine Rolle auf der internationalen Wirtschaftsbühne behalten möchte. Somit wird es wichtig sein, Mitarbeiter von Routine-Aufgaben zu entlasten, damit sie sich den wirklich wichtigen Themen widmen können. Vor allem beim Suchen von Informationen kann KI heute schon einen wichtigen Beitrag leisten. Dies wiederum hilft bei der Mitarbeitermotivation, denn wer verbringt schon gerne 20-30% seiner Arbeitszeit damit, nach belastbaren Informationen zu suchen?

DIGITAL FUTUREmag: Können Sie uns vielleicht ganz zum Schluss noch 3 Tipps geben, die Unternehmen unbedingt beachten sollten, wenn sie sich auf das Gebiet der künstlichen Intelligenz und den praxisnahen Einsatz vorarbeiten?

Dr. Alexandra Merkel: Es gibt verschiedene Dinge zu beachten. Wie in jedem anderen IT-Projekt ist es natürlich wichtig, dass die Mitarbeiter mitgenommen werden. Denn nur ein lebendes System, das den Mitarbeitern bei der Arbeit hilft, schafft einen entsprechenden Mehrwert für das Unternehmen. Dann ist das Thema einer soliden Datengrundlage von großer Bedeutung, da KI eine gute Datenbasis braucht, um verwertbare Informationen zu generieren. Außerdem sollte man sich erstmal auf ein einzelnes, wichtiges Thema fokussieren, um mit KI in einem vielleicht auch kleineren Pilotprojekt zu starten. So kann man besser erkennen, was mit KI möglich ist und was nicht. Aber auch hier sollte bereits zu Beginn darauf geachtet werden, dass die Daten im Haus bleiben und nicht nach außen gehen. Die Sicherheit ist auch in Pilotprojekten notwendig, weil man sonst für eine spätere Umsetzung ggf. falsche Schlüsse zieht. Geeignete, kleine Pilotprojekte können so etwas „einfaches“ sein wie die Auswertung von Anlagen- oder Schichtbüchern, um Fehlerquellen zu offenbaren und diese allen Mitarbeitern zugänglich zu machen. Auch die Unterstützung des Vertriebs bei der Zusammenstellung von Ausschreibungsunterlagen wäre ein machbares Pilotprojekt. Dies sind Themen, mit denen man „klein“ starten kann, um zu sehen, wie das Unternehmen mit dieser neuen Technologie umgehen kann.

DIGITAL FUTUREmag: Haben Sie ganz herzlichen Dank für dieses überaus spannende und vor allen Dingen wertvolle Interview rund um den Einsatz von künstlicher Intelligenz in den Unternehmen.

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