KI kann keine Gedanken lesen

KI kann keine Gedanken lesen

Im Interview mit Josef Dietl, Gründer und Geschäftsführer der Pro Digi Par GmbH.

In einer Welt, in der Künstliche Intelligenz (KI) immer präsenter wird, ist es entscheidend, die Realität hinter den Hype zu verstehen. Doch wie steht es wirklich um den Einsatz von KI in Unternehmen? Welche Rolle spielt sie in der Unternehmensstruktur und wie kann sie effektiv genutzt werden? In einem exklusiven Interview mit Josef Dietl werden wir genau diesen Fragen auf den Grund gehen. Dabei wird es um die Klarheit über die eigene Positionierung und die Herausforderungen bei der Implementierung von KI gehen. Denn, wie es oft heißt: KI kann keine Gedanken lesen, aber sie kann Unternehmen auf ihrem Weg unterstützen, wenn sie richtig eingesetzt wird.

Die Pro Digi Par GmbH hat sich seit ihrer Gründung im Jahr 2019 besonders bei kleinen und mittleren Unternehmen einen Namen gemacht und diese auf dem Weg der Digitalisierung erfolgreich begleitet. Als „Prozess Digitalisierungs Partner“ unterstützt das Unternehmen seine Kunden bei der Klärung von Wachstumshindernissen, der Definition von Unternehmenszielen und führt sie durch den gesamten Digitalisierungsprozess und darüber hinaus. Dabei steht das Motto „Freude am Fortschritt“ im Mittelpunkt, wobei ein besonderes Augenmerk auf dem harmonischen Zusammenspiel zwischen Mensch und Technik liegt.

Josef Dietl hat an der TU München Physik studiert, um „zu wissen, was die Welt im Innersten zusammenhält“, und schon dort an neuronalen Netzen gearbeitet. Eine Station bei CompuServe führte ihn in das Team von Sir Tim Berners-Lee, des Erfinders des World Wide Web. Dort arbeitete er unter anderem an Knowledge Representation. Später, während seiner Zeit bei der SAP AG, erwarb er etwa ein Dutzend Patente, unter anderem einige für Klassifikatoren, die heute wohl auch zu den KI-Technologien gezählt würden. Um einen tieferen Einblick in die Vision und Arbeitsweise von Pro Digi Par zu erhalten, führten wir ein Interview mit Josef Dietl und sprachen insbesondere über die zum Teil überschätzten Möglichkeiten der KI und der dennoch unglaublich großen Anwendungsmöglichkeiten im geschäftlichen Kontext.

DIGITAL FUTUREmag: Herr Dietl, wie beurteilen Sie grundsätzlich den augenblicklichen Hype rund um das Thema künstliche Intelligenz?

Josef Dietl: Neulich habe ich einen Witz gefunden: Ein Mädchen fragt einen Papagei: „Kannst Du sprechen?“, und der Papagei antwortet: „Ja, aber ich habe kein Ahnung, was ich sage.“ – Genau das machen KIs heute auch. KI hat in den letzten Jahren erstaunliche Fortschritte gemacht, aber die Möglichkeiten werden oft drastisch überbewertet. Da ist kein „Anker“ in der Wirklichkeit. Wie der Papagei kann die KI wunderschöne Texte, Bilder und Videos generieren – aber sie hat keine Ahnung, wovon sie da spricht. Das ist wohl auch der Grund, warum der sichtbarste Use Case für KIs im Moment das Marketing ist: Es ist die „Branche der Kreativen“.

DIGITAL FUTUREmag: Wie wichtig ist es, dass Unternehmen ihre eigene Positionierung und strategische Ausrichtung klar definieren, bevor sie KI implementieren?

Josef Dietl: Genau an dieser Stelle kommt der eigene Beitrag der Unternehmen ins Spiel: Auch wenn es sich so anfühlt, die KI kann keine Gedanken lesen. Ein klarer Unternehmenskontext hilft, zum Beispiel Positionierung und strategische Ausrichtung.

DIGITAL FUTUREmag: Welche Rolle spielt die Unternehmensstruktur bei der erfolgreichen Integration von KI?

Josef Dietl: Nur wenn man „sich selbst“ gut genug kennt, kann man Aufgaben identifizieren, die man der KI übergeben kann, und diese Aufgaben angemessen vorbereiten. Das beginnt bei der Strategie und geht nahtlos über in die Aufbau- und Ablauforganisation, in Organigramme und Prozesse. Damit eine KI mit ihren Stärken und Schwächen im Unternehmensalltag „funktionieren“ kann, müssen die Prozesse geklärt werden, wie Aufgaben und die dazugehörigen Daten an die KI übergeben werden – und wie die Ergebnisse weiter verarbeitet werden müssen.

DIGITAL FUTUREmag: Welche Herausforderungen sehen Sie typischerweise bei der Implementierung von KI in Unternehmen, insbesondere im Hinblick auf die Datenqualität?

Josef Dietl: KI liefert nach wie vor Ergebnisse nach dem Motto „Garbage In, Garbage Out“. Um belastbare Ergebnisse zu erzeugen, muss man die Qualität der Eingabedaten im Griff haben. Wenn der Input korrekt ist, kann eine KI auch aus minimalen Informationen tolle Ergebnisse liefern – aber wenn der Input schwach ist, kann eine KI auch total daneben liegen.

DIGITAL FUTUREmag: Wie können Unternehmen sicherstellen, dass die Daten, die sie für KI-Anwendungen verwenden, korrekt und verlässlich sind?

Josef Dietl: Gerade kleinere Unternehmen müssen oft bei ihrer internen Datenqualität noch einen Schritt nach vorne machen. Ein paar praktische Beispiele: Bestellungen, Aufträge, Dokumentation oder Buchhaltung – gerade bei kleineren Unternehmen lebt das von der Kompetenz der Mitarbeiter. Die Ergebnisse passen, aber die Formate können sich unterscheiden, und wiederholbare Prozesse gibt es oft nicht, jedes Dokument wird auf eine neue Weise erstellt. So entsteht Vielfalt ohne Bedeutung, das ist als Basis für eine KI nicht optimal.

DIGITAL FUTUREmag: Welche Schritte müssen Unternehmen unternehmen, um von KI in ihrem Kerngeschäft zu profitieren?

Josef Dietl: Damit eine KI in diesen Fällen optimal arbeiten kann, ist es nützlich, die Prozesse zu standardisieren und die entsprechenden Daten in klassische Unternehmenssoftware wie SAP oder Odoo zu bringen. So ergänzt sich „klassische IT“ mit ihrem Fokus auf Daten- und Prozessqualität mit den Stärken einer KI.

DIGITAL FUTUREmag: Können Sie Beispiele für Unternehmen nennen, die erfolgreich von KI profitiert haben, und welche Maßnahmen haben sie ergriffen, um dies zu erreichen?

Josef Dietl: In der Buchhaltung wird KI schon lange genutzt, auch schon lange vor dem aktuellen Hype. Die verwendete Sorte von KI heißt „Klassifizierer“, OCR gewinnt schon lange an Bedeutung und seit Kurzem kommt auch Textverständnis dazu. Immerhin sind Buchhaltungsprozesse seit Jahrhunderten standardisiert, damit war das ein offensichtlicher Kandidat, auch als KIs noch schwächer auf der Brust waren. Damit die Klassifizierer ihren optimalen Nutzen entfalten können, werden die Belege vorverarbeitet und standardisiert, so dass man sie stapelweise an die KI übergeben kann. Zukünftig wird das Ganze durch die eRechnung noch effizienter.

DIGITAL FUTUREmag: Welche Rolle spielt das Pareto-Prinzip bei der Bewertung des Nutzens von KI in Unternehmen, und wie können Unternehmen dies in ihre Strategie einbeziehen?

Josef Dietl: Am Beispiel Buchhaltung sieht man das sehr gut: Die KI liefert in der bei weitem überwiegenden Zahl der Fälle super Ergebnisse, die man ohne weiteres weiter verwenden kann. Das klappt je nach Szenario in 80%, 90% der Fälle oder noch mehr. Und manchmal gibt es kuriose Überraschungen, deren Identifikation und Korrektur dann arbeitsintensiv ist und Spezialisten benötigt. Man muss also im Moment die Ergebnisse manuell „korrekturlesen“ und Kapazität reservieren, um den „Bodensatz“ abzuarbeiten. So würde ich bis auf weiteres jedes KI-Projekt angehen: Den Datenzufluss über normale Unternehmenssoftware wie Odoo standardisieren, den Pareto-Anteil der Arbeit einer KI überlassen und gleichzeitig die nötige Kapazität und Kompetenz einplanen, um mit dem „Bodensatz“ umzugehen.

DIGITAL FUTUREmag: Ganz herzlichen Dank für dieses wirklich spannende Interview und den breiten Bogen an Themen, die wir in diesem Gespräch abdecken konnten.

 

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